2. Hilfsverben
Die Geschichte, die Du erzählst, lebt im besten Fall von einer ungewöhnlichen Idee, einem individuellen Stil, einer fesselnden Handlung und überzeugenden Figuren. Und von konkreten, lebendigen, aussagekräftigen und aktiven Verben. Sein und Haben sind hingegen nur Hilfsverben, die deinen Text schwächen und gehäuft schnell Langeweile aufkommen lassen. Du solltest immer lebendige Verben vorziehen.
• Was findest Du spannender – »Es war Montag, als der Winter sich ankündigte« oder »Am Montag kündigte sich der Winter an«? »Sie war nervös und kaute an den Fingernägeln« oder »Nervös kaute sie an den Fingernägeln«? »Er hatte vier Katzen« oder »Er besaß vier Katzen«? »Sie hatte Angst, ihn anzusehen« oder »Ängstlich vermied sie es, ihn anzusehen«? »Es war schon fast Mittag, als ich wach wurde« oder »Erst gegen Mittag wachte ich auf«?
• Werte dein Manuskript auf, indem Du es auf derlei Hilfsverb-Konstruktionen abklopfst und über stärkere Alternativen nachdenkst! Nutz die Suchfunktion deines Schreibprogramms, um Hilfsverben aufzuspüren und ermüdende Wiederholungen zu vermeiden!
• Auch zu vermeiden gilt es den übermäßigen Gebrauch des Plusquamperfekts, bei Rückblenden, zum Beispiel. Wie würdest Du Folgendes lieber lesen – so: »Es war schon eine Woche her, dass der Strom abgeschaltet worden war, weil Ilse vergessen hatte, die Rechnung zu bezahlen. Dabei hatte Georg, als er die Post geöffnet hatte, die bereits seit mehreren Wochen da gelegen hatte und nicht geöffnet worden war, gleich gesagt, dass das nun schon die zweite Mahnung war« –
oder so: »Schon seit acht Tagen lebten sie ohne Strom – Ilse hatte vergessen, die Rechnung zu bezahlen. Als hätte Georg beim Durchsehen der seit Wochen ungeöffneten Post nicht gleich auf die zweite Mahnung hingewiesen.«?
3. Das vermaledeite Dass
• Ersteres ist entweder ein Artikel (»Das Haus im Wald«) oder ein Relativpronomen (»Das Haus, das im Wald stand«) und wird in beiden Fällen immer mit einem »s« geschrieben. Letzteres ist eine Konjunktion oder Bindewort, und das muss immer mit zwei »s« geschrieben werden (»Dass das Haus im Wald so versteckt lag, dass niemand bemerkte, dass es brannte, das wusste ich nicht«).
• Womit wir auch schon beim zweiten Dass-Problem wären: Vermeide bitte solche Häufungen! Erheblich besser klänge doch »Das Haus im Wald brannte. Niemand bemerkte es. Ich wusste nicht, dass es so versteckt lag.«
• Überprüfe also, wo Du ein »dass« vermeiden – oder eventuell ersetzen kannst: Statt »Es ist sinnvoll, dass Sie das überprüfen« zum Beispiel »Es ist sinnvoll für Sie, das zu überprüfen«. Statt »Ich habe gesehen, dass das Haus brannte« »Ich habe gesehen, wie das Haus brannte« oder »Ich habe das Haus brennen gesehen«. Statt »Ich wusste nicht, dass es niemand bemerkt hatte« »Ich wusste nicht, ob es jemand bemerkt hatte«. Statt »Jetzt zu spenden ist dadurch notwendig, dass es gebrannt hat« »Jetzt zu spenden ist notwendig, weil es gebrannt hat«.
4. Lieblingswörter
Jeder hat sie. Gut so. Aber auch hier gilt, wie in der Medizin oder am Kneipentresen: Auf die Dosis kommt es an. Du als Autor:in solltest dir deiner Lieblingswörter bewusst sein und darauf achten, sie nicht zu inflationieren (und deine Leserschaft zu langweilen oder gar zu verärgern). Benutz die Suchfunktion, gib deine Lieblinge ein und verschaff dir einen Überblick, wie häufig Du sie verwendest. Denk über Alternativen nach.
Okay. Wir wollen es dabei erst einmal belassen. Dies war eine (wenn auch unvollständige) Liste der reparaturbedürftigsten Schauplätze in so gut wie allen Manuskripten, die uns (und jedes andere Lektorat) erreichen.
Denk stets daran: Je besser der Text ist, den Du im Lektorat ablieferst, desto besser wird der sein, den Du von dort zurückbekommst, weil deine Lektor:innen sich auf das Wesentliche konzentrieren können, statt sich mit derlei herumschlagen zu müssen. Verschwende dein Geld (noch vor dem ersten verkauften Buch!) nicht, indem Du uns für eine Arbeit bezahlst, die Du selbst erledigen kannst. Auch wenn dir das auf den ersten Blick lästig erscheinen mag.
Betrachte es im Gegenteil noch positiver: Beim Abarbeiten dieser Liste lernst Du mit jeder Schwachstelle, die Du selbst entdeckst, dazu, und mit jeder Reparatur verbesserst Du deinen Schreibstil, deine schreibhandwerklichen Fähigkeiten – und wirst ein besserer Autor, eine bessere Autorin. Und erhöhst deine Erfolgschancen.
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